Donnerstag, 18. November 2004

Nachtigall ich hör dir trappsen

Totgesagte leben länger...oder so, sagt man doch. Mal von meinem unendlichen Leben abgesehen, hab ich mich tatsächlich schon sehr lange nicht mehr blicken lassen in diesem Bloggerwahnsinn. Hängt es mit plötzlicher Müdigkeit zusammen? Oder gar dem Verdruss an gerade diesem? Weder noch, es ist die reine Faulheit und Arroganz meinerseits. Und da ich mich nun umgeben sehe, von viel größerem als dem, kann ich mich beruhigt auf meinen Hintern setzen und mal wieder ein bischen Scheiß aus meinem Hirn pressen.

Nimmt man die Faulheit mal bei Seite, kann man die letzten Wochen und Monate ruhig auch verrückt nennen. Da sind Dinge passiert die mich beruhigt haben, weiter gebracht haben, völlig verunsichert haben, weite Welten eröffnet haben und mich auch manchmal wahnsinnig gemacht haben. Aber alles hatte irgendwie seinen Sinn und ich kann abschließend sagen, dass 2004 ein gutes Jahr war. Und hier ist wieder die Arroganz meiner selbst. Wir haben Mitte November und ich sage das.....

Um dem Ganzen noch eins drauf zu setzen....sitze ich gerade in Turin, während ich das hier schreibe. Ich hatte einen wunderbar sonnigen Tag, saß mit T – Shirt in der Sonne, habe Tramezzino gegessen und Espresso getrunken....und das alles wohlwissend das in Hamburg neben Sturm und Regen auch noch eisige Temperaturen vorherrschen.
Nebenbei bin ich auf Tour....oh Laura wird mich schlagen wenn ich hier schreibe nebenbei...aber andere Bands werden es schwer haben neben Mouse on Mars, weil ich werde jede fragen warum sie nicht genau so entspannt sein können...weil funktionieren tut es auch so. Wonder how?

An der Musik kann es nicht liegen. Die ist, drücken wir es vorsichtig aus...gewöhnungsbedürftig, aber dennoch sicher richtig gut, denn die Zuschauer haben Spaß und ich erwische mich nach der Hälfte der Tour auch ab und zu Kopf wippend im Publikum. Die Ruhe kann auch nicht von den Leuten kommen die uns umgeben. Jeder, aber wirklich jeder auf diesem Bus ist eine eigene Persönlichkeit. Das wir durchgeknallt sind muss ich nicht hervor heben, aber wir ergänzen uns in unserem Wahnsinn so großartig, das wir uns gallertartig überall hinbewegen können und dabei auch noch überzeugen. Und ich bin erstaunlich ruhig und genieße all das neue was auf mich einprasselt.

Hey Man, ich bin in Europa unterwegs, kann in meinem Lebenslauf schreiben das ich Englische Konzertveranstalter dazu gebracht habe uns ordentliches Essen zu beschaffen, hab Flughafenangestellte um 100kg Übergewicht herunter gehandelt und mache Geschäfte mit der Mafia in Italien. Es kann nicht schlimmer kommen in dem was noch vor uns liegt in Frankreich und anderen an Deutschland grenzenden Ländern. Und ich hab Spaß...wirklich. Ich hatte am Anfang der Tour das noch nie da gewesene Gefühl doch lieber zu Hause sein zu wollen. Ich hab bisher immer darauf gedrängt so schnell wie möglich wieder in einem Tourbus zu schlafen. Hab sie vermisst die Ekel erregenden Duschen und Toiletten, das Catering was einem am Ende des Tages zu Mc Donalds treibt, nervende Künstler die man lieber an den Arm nimmt als Ihnen den kleinen Finger zu reichen. Und was passiert dann? Ich sitze im Bus und will eigentlich auf meinem Sofa sitzen und fernsehen. Was ist denn jetzt los? Ist das etwas das was man Alter nennt? Ich hab mich wahrscheinlich zu sehr erschrocken, denn schon am nächsten Tag war es irgendwie cool darauf zu scheißen morgens zu duschen, um auch das gesundheitliche Risiko zu mindern.

Also alles gut, auch die freien Tage verlaufen wie immer. Morgens einchecken im Hotel, völlig übermüdet ins Bett fallen und den Ganzen Tag verschlafen. Es irgendwie schaffen in die Sauna zu kommen, eine Runde zu schwimmen und stolz zu verkünden das man sich extrem sportlich verhalten hat. Und dann kommen Mouse on Mars und schon wieder ist etwas anders. OK, wir sollten unseren zweiten OFF Day in einer Jagdvilla verbringen. Bekannte von Jan bewohnen das und haben uns eingeladen einen Tag dort zu verbringen. Skepsis war angebracht, haben sich die Herrschaften bis zum Konzert in Wien, nach dem es schließlich losgehen sollte, nicht gemeldet und auf keine Anrufe reagiert. Es gab Worst Case Scenario Pläne die aber in sich zusammen vielen als ein etwas ergrautes Ehepaar im Backstage auftauchte mit blauen Ohrschützern zum quieken und dem Anspruch das die Musik zu einfach ist. Wohl an, es soll wohl gelernt werden. Ganz nebenbei wurde meine Skepsis geschührt durch lustige Schneekettenpflicht Ansagen unseres Busfahrers. Egal, auf gings nach Mariazell und exakt bis zum ersten wirklichen Hügel an dem die fehlenden Schneeketten dringend notwendig gewesen wären. Das rüstige Paar rettet uns auch von dort, mit 2 Kleinstwagen ging es in teilweise Schwindel erregendem Tempo, erst auf einer Bundesstrasse und schließlich 20min durch den Wald zu einem Wahnsinns Haus mitten im Nichts. Ich muss nicht erwähnen, das wir selbst mit Schneeketten spätestens bei der Waldeinfahrt auf unseren Nightliner hätten verzichten müssen. Und dann begann das unfassbare....nachdem das Haus erkundet war, passierte eine komische Wandlung mit uns, die es geschafft hat 12 Stunden zu einer Woche werden zu lassen und ich saß einen Großteil davon vor dem brennenden Kamin und habe mich vom Haushund abschlecken lassen. Was fast schon wieder dekadent anmutete war die Tatsache das es Hausangestellte gab, die uns bedient haben. Das war fremd, passte aber irgendwie in die Umgebung aus Geweihen an der Wand und Familienbildern der Familie Krupp zusammen mit dem Kaiser. All das machte die Postkarte die man aus dem Kaminzimmer zu Gesicht bekam noch filmreifer sehen wir mal gekonnt darüber hinweg das man immer nur ein mildes Lächeln erntete wenn man nach dem Beruf des jetzigen Eigentümers fragte. Egal, für mich war es eine Oase und ich will den Moment nicht vergessen an dem ich Seite an Seite mit meinem neuem Freund dem Hund durch den tiefen Schnee gestapft bin um Feuerholz zu holen und alles tief schwarz und dunkel war.

Das ist jetzt auch schon wieder ein paar Tage her und wir zehren immer noch davon....und jetzt tanken wir wieder Leben in der Sonne Italiens....wenige Tage bevor ich wieder auf meinem Sofa versinken kann...just kidding.

Kleine Anekdote nebenbei...der Gastgeber im Waldhaus hies, oh wie passend, Ossi...Oswald Wiener. Wichtiger Mann das, so wichtig das die Österreicher Ihn in den 60er Jahren ins Exil gezwungen haben. Der Mann will den Menschen nachbauen, nicht so wie Frankenstein wurde immer wieder betont. Ich hab das mal so hingenommen.

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