Donnerstag, 23. Juni 2005

"Refugee Camp" oder "Wie viele Mückenstiche sind eigentlich gesund?" oder "My private Tadoussac"

Der Morgen verspricht alles. Ich wache relativ früh morgens in meinem Dachzimmer auf und die Sonne strahlt mir ins Gesicht. Es fällt schwer aber umdrehen ist nicht und so wackel ich runter. Allein das reicht um die anderen aufzuwecken, der Boden ist alles andere als Trittfest und Holz gibt Schwingungen gerne weiter. Egal, Guten Morgen in 2 zerknautschte Gesichter und ab unter die Dusche. Was ich an Amerika zu mögen beginne, ist das Frühstück. Sandy hats aber auch raus aus ein paar Lauchzwiebeln, Karotten, Zucchini und Eiern ein reizendes Omelette zu zaubern. Das obligatorische Toast ist damit fast zu köstlich, es nervt nur wenn man es zu allem und jeden gereicht bekommt. Nur den Kaffee haben sie nicht so raus und so müssen wir wohl in unserem kleinen Stammcafe noch einen Cafe au lait zu uns nehmen, bevor es auf Erkundungstour geht. Wir wollen Kajak fahren, stellen relativ schnell und entnervt fest das noch Vorsaison ist und alles noch nicht so arbeitet wie es sollte und wir damit vor mehr verschlossenen Türen als vor offenen stehen. Egal, wir spazieren an einem endlosen und menschenleeren Strand entlang, die Augen immer aufs Wasser gerichtet, denn hier sollen sie sein, die Wale. Alles mögliche tummelt sich vor der Küste. Blauwale, Belugas, Finnwale und Delphine. Nur uns wollen sie sich nicht zeigen, man garantiert Walsichtungen auf den vielen Aussichtsbooten die mit gelb bekutteten Menschen jede Stunde ablegen, aber da Franzosen schon immer geschäftstüchtig waren, kostet der Spaß 80 Dollar. Non merci.
Aber Danny, ja nicht ganz blöd, entsinnt sich gelesen zu haben das es einen Wanderweg gibt auf dem man sich den Walen nähern kann, ohne sie durch Motorengeräusche zu stören. (Mal ganz im ernst, auf diesem Wasser fahren so viele Schiffe und Fähren, das die Biester sich schon mehr oder weniger an solche Klänge gewöhnt haben müssten, so lecker kann das Fressen in der Brühe nicht sein, das sie Jahr für Jahr wiederkommen) Egal, wir den grünen Daumen hoch und am späten Nachmittag noch mal aufgebrochen. Ein Rundkurs sollte es sein, die obligatorische Bärenklingel ersetzen wir durch Münzen die ich lustig in der Hand hin und her schüttel. Klingt lächerlich und nach nem dummen Poser, soll die posierlichen Tierchen aber davon abhalten sich uns zu nähern. Die ersten Schritte sind dann noch sehr zaghaft, mein Herz bleibt auch fast stehen als ein Biber wie ein wahnsinniger über den Weg rennt und mit einem riesen Plumps im Wasser landet, aber man fühlt sich Sicher mit so ein bisschen Knete in der Hand. So laufen wir, übermannt von Natur wie zumindest ich sie nur aus Bilderbüchern kenne und jede Ecke bringt was neues. Abenteuerlich wird’s als der Weg immer enger wird, man mehr oder weniger in Flussbetten läuft und an schroffen Felsen entlang robbt. Darüber haben wir ein wenig die Zeit vergessen und bemerken erst 8km hinter Tadoussac das der Rundweg irgendwie mehr und mehr weg vom Ziel führt und die Angekündigte Baie Blanc wohl nicht das rettende Land ist was uns zurück in die Zivilisation bringt, sondern vielmehr ein paar Bretter die Campern die Möglichkeit bieten sollen, ihre Zelte mitten im Wald aufzuschlagen. Jetzt überkommt auch mich ein mulmiges Gefühl und laut fluchend zum einen über die unfähige Ausschilderung zum anderen über meine Dummheit marschieren wir weiter, Tadoussac liegt zu weit zurück um es im hellen zu erreichen und das angekündigte nächste Baie irgendwas, sollte Mut machen. Das wird bloß schnell enttäuscht, denn dunkler wird’s und der Weg nicht vertrauenserweckend. Hab ich erwähnt das es dort Braun und Schwarzbären gibt? Langsam geht mir das Sumpfgebiet auch richtig auf die Nerven und ich will eigentlich nur raus da. Die anderen beiden haben noch etwas mehr die Arschkarte gezogen. Wir alle sind etwas dummdreist in kurzen Hosen losgelaufen...die beiden setzen mit ihren FlipFlops noch einen drauf. Naja, ich fluchend voran und die beiden anderen in Gedanken versunken wie man am besten eine Nacht im freien verbringt hinterher. Aber das Glück ist mit den Dummen und plötzlich stehen wir vor einen Schild mit der Auschrift „Refuge“ Keine 10m davon entfernt steht sie....eine Hütte, mitten im Nichts an einer Steilklippe. Mit Betten, einem Kamin, ner Axt und Feuerholz. Mir fällt ein Stein vom Herzen und wir entern das Ding. Ein Hotel könnte nicht schöner gebaut sein, mit einer Terrasse mit direkten Blick auf den Fjord. Und so bin ich ein wenig versöhnt mit dem ganzen Wahnsinn, der auch gut hätte nach hinten losgehen können. Naja, weil keiner von uns Bock hat die Nacht in einem der Zimmer zu verbringen zerren wir die Matrazen direkt vor den Kamin und schlafen mehr oder weniger beruhigt ein. Geteilt wird das Haus nur mit Mücken und die Biester ernähren sich prächtig in dieser Nacht. Mit den ersten Sonnenstrahlen machen wir uns dann auch wieder auf, den gesamten Weg zurück, mit Erstaunen feststellen was wir alles hochgeklettert sind und nun wieder runter müssen, aber wir werden noch mal belohnt. Nach einer Stunde erreichen wir einen Platz auf den man in einen Seitenarm des Fjords schauen kann. In dem Moment werden alle Mücken die sich sofort um einen sammeln wenn man nur eine Minute stehen bleibt egal, denn da tummelt sich eine große Familie Beluga Wale. Ich bin ein wenig hin und weg und so vergehen die nächsten 2 Stunden wie im Flug. Der Rest ist schnell erzählt. Das Auto war noch da. Ich habe ein kaputtes Knie und trage erst einmal keine kurzen Hosen mehr. Wer mich sieht weiß warum und ich bete das ich kein West Nil Fieber bekomme, wer mich kennt, weiß auch warum das. Ich hab selten ein Frühstück so genossen und der Rest des Tages ist auch mehr geflogen als an mir heften geblieben.
Noch was, Kanadische „ich kühle deine Mückenstiche“ Mittel sind nicht zu empfehlen. Sie riechen wie Brandbeschleuniger und machen wahrscheinlich ähnliche Dinge mit deiner Haut. Macht nichts, ich kann mich eh nicht bewegen, wünsche das ich gesund alt werde und mach die Augen zu. Gute Nacht!

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